Die "andere" Jahreszeit

Stürmische Zeiten

in San Juan de los Terreros

 

   
Noch während wir kurz nach 9 Uhr unsere Stellplätze frei machen, quetschen sich schon zwei Nachfolger mit ihren Fahrzeugen auf unsere Plätze, sie können es gar nicht abwarten.
Wir entsorgen hier noch, bevor wir in Canada de Gallego an der Tankstelle Wasser bunkern. Der neu installierte Automat spendiert für 50 Ct. etwa 70 l. Endlich hatte hier mal einer eine gute Idee. Außerdem kann man neuerdings hinter der Tanke unentgeltlich entsorgen, der freundliche Tankwart zeigt dir gerne, wo das genau ist.

Gut aufbrikettiert fahren wir noch Playa de Mazarron, einkaufen.
Wir sind noch keine 2 km auf der N, da SMSen Helga und Gerhard, die ein paar Minuten nach uns losgefahren sind, dass die Guardia Civil gerade die Ziegenwiese räumt; nicht ohne vorher die Personalien aller dort Stehenden zu notieren, außerdem macht man von jedem Fahrzeug ein hübsches Digi-Foto.

 

Was da für eine Idee dahintersteckt, weiß immer noch keiner genau. Mit Sicherheit will man die schmalen Streifen in unmittelbarer Küstennähe frei von überwinternden Wohnmobilisten haben. Das nennt sich wohl "Küstenschutz". Da die aber keinen stören (bilde ich mir jedenfalls ein), wird da ein mir noch unerkanntes anderes Interesse der Spanier hinter stecken. Irgendwann werden wir das rauskriegen.

Jedenfalls sind wir heute noch mal "unerkannt" davongekommen.

Von Mazarron aus kann man hervorragend auf der Autobahn bis hinter Aguilas fahren. Das geht weitaus bequemer als auf der kurvigen Berg-und-Tal-Fahrt quer durch die Sierra. Kostet für uns 3,50 Euro, nach einer halben Stunde sind wir da.


in San Juan de los Terreros steht man einfach traumhaft
 

 

Wir fahren von "oben" in das Gelände gleich hinter San Juan de los Terreros und suchen gemeinsam einen geeigneten Platz. Bald stehen wir in Rufweite von Helga und Gerhard auf einem ebenen Fleckchen.

Das Meer ist gerade mal hundert Meter weg, wir können in drei Richtungen spazieren, so weit wir Lust haben.

Und: Sonne pur, 16 bis 22°. Es ist ein bisschen windig, aber nicht doll. So verbringen wir den Rest des Tages bei Kaffee und Schwätzchen, die Nacht ist genauso erholsam und es ist absolut still. Nicht mal des Meer hören wir.

Der nächste Tag beginnt so wie der erste aufgehört hat: Sonne, leichter Wind, Spaziergänge am Meer, danach Carissima baden, weil die unter der dünnen Wasserschicht eines Ramblas den Schlamm übersehen hat. Sie ist fast bis zur Seitenlinie rabenschwarz und stinkt fürchterlich.
Am Abend kommt starker Wind auf, gegen 21 Uhr ist er zu einem handfesten Sturm angewachsen. Der Witz dabei: draußen sind es 18° !

Eine weitere Stunde später hat er waschechte Orkanstärke erreicht, das BABY fühlt sich an, als ob eine Riesenfaust dran rüttelt, ich habe Sorge um unsere Dachbox.

Trotzdem gehen wir irgendwann schlafen und wir kriegen nichts mehr mit.

Bei Helga und Gerhard ist das anders: Sie stehen mit ihrem WOMO am Morgen dicht neben uns im Windschatten. Aus Sorge, dass sie umgeworfen werden, denn sie standen genau quer zur Sturmrichtung.

Und kaum hab ich den Schlaf richtig aus den Augen, kommt noch ein WOMO. Auch dessen Insassen hatten eine schlaflose Nacht, und der Hausherrin ist es regelrecht schlecht: Seekrank!
Jetzt weißt du, warum man große WOMOs auch als "Dickschiffe" bezeichnet :-).

Der Sturm lässt nicht nach, wir beschließen, die Zelte abzubrechen und nach Calabardina umzusiedeln. Das liegt von San Juan aus gesehen nördlich von Aguilas, also wieder grob Richtung Ziegenwiese.


Es stehen ca. 6 oder 8 WOMOs dort, wir gesellen uns dazu, tauschen uns mit den Nachbarn aus ("wie lange seid ihr schon hier? Wo wart ihr vorher? Standen viele WOMOs dort? Wollt ihr noch weiter nach Portugal...?) und machen danach mit den Hündchen einen längeren Spaziergang.

Die Zahl der WOMOs ist inzwischen auf über 40 angewachsen...

Wir sind insgesamt ca. zweieinhalb Stunden hier, da tauchen 3 Polizeiwagen auf, die Herren schwärmen aus und kurz darauf sehen wir die ersten WOMOs abfahren.
Als auch uns der freundlich, aber bestimmt auftretende Guardia Civil'ist' zur Abreise auffordert, frage ich ihn, warum wir weg sollen. Knappe Antwort: "Gesetz!" Also doch das Küstenschutzgesetz, das vor etlichen Jahren erlassen wurde.
Warum gilt das eigentlich nicht für die tausenden Wohnbauten, mit denen die Küste zugepflastert wurde und noch wird, fragt man sich.
Es gibt keine Debatte mit den uniformierten Herren, die tun eh nur das, was ihnene aufgetragen wurde; schon sitzen wir im BABY und fahren hinter Gerhard und Helga her, nach El Pozo del Esparto, gleich hinter San Juan de los Terreros. Also wieder vorbei an Aguilas...

Die beiden kennen den Platz noch aus der Zeit, als der Ort noch nicht existierte und man mit mehr als 50 WOMOs dort stehen konnte. Dann kam der Bauboom und aus war's mit dem Stellplatz.

Zumindest stehen wir hier windgeschützt neben (unbewohnten, weil nicht verkauften) Häusern. Morgens kommt der Bäcker vorbei, nach dem Frühstück fahren wir die zwei Kilometer zurück nach San Juan an den Strand.

Im Windschatten unseres BABYs sitzen wir bald zu viert in der Sonne, die sich durch den immer noch pfeifenden Sturm nicht beinträchtigen lässt. Wäre der Wind kalt, könnte man ihn mit dem französischen 'Mistral' verwechseln; aber sicher hat er eine korrekte spanische Bezeichnung.


auf der Leeseite kann man es gut aushalten - noch...
 

 


riesige Baumschule im Hinterland von San Juan de los Terreros

 

 

Etwas später machen Gerhard und ich einen Spaziergang ins Hinterland. Dort stoßen wir auf eine riesige Baumschule, bewässert wird mit Wasser aus dicken Rohrleitungen, die aus einem Brunnen gespeist werden.

 

 


 

 


Mitten in der hügeligen und trockenen Prärie bist du dann schon überrascht über eine derartige Ansammlung von Bäumen, aufgereiht  in militärischer Ordnung.
Die jungen Pflanzen wurden vom Sturm auch ganz schön gebeutelt, obwohl er tagsüber ein wenig nachlässt.

Am Abend ist der Sturm aber wieder der alte. Also gleicher Übernachtungsplatz wie tags zuvor.
Am nächsten Morgen suchen wir erneut einen anderen Stellplatz in Strandnähe, unser alter wurde bereits von einem Kollegen 'bestellt'.
"Der frühe Vogel fängt den Wurm..."

 

Nach einem Morgenspaziergang freuen wir uns von weitem über den Anblick unserer rollenden Heimstätten.


 

 

Dieser kleine Zaungast lässt sich von uns mit Brotkrümeln füttern.

Und der hier wartet auf den nächsten Freigang :-).

Aber es kommt ganz anders:


Jule

Das Handy klingelt - wir müssen sofort zurück nach D, eine traurige und deshalb dringende Familienangelegenheit...

Ich will von hier aus durchfahren bis zum Vogelpark. Würde ich auch schaffen, doch kurz vor Lyon macht es bei 90 km/h "peng", der linke Vorderreifen ist geplatzt. Ich kriege das BABY sicher auf dem Seitenstreifen zum Stehen, Reifen und Felge sind hin, sonst ist alles heile geblieben, gottseidank.
Es ist genau 01:00 Uhr nachts. Fein!

Ulla ruft per Handy den ADAC an, Außenstelle Lyon.
Die Dame am Telefon sagt nur, der ADAC könne uns nicht helfen, die franz. Autobahnen sind in Privatbesitz. Und in Frankreich habe der ADAC keinen Vertragspartner, so wie z.B. in Holland den ANWB. Und dass es teuer werden wird, sagt sie noch... Fein.
Ich gehe zur Notrufsäule und bitte um Hilfe, sage dabei, dass man ein Fahrzeug schickt, das Hilfsmittel mit sich führt, mit denen man ein 6,5 t schweres Fz. anheben kann ("Poids Lourds").
Bald danach kommt erst mal ein Sicherungsfahrzeug mit blinkenden Warnleuchten und postiert sich gut 100 m hinter uns.

Eilig wuchte ich den Roller von der Bühne, dann nehme ich die Rollerbühne ab, danach das Reserverad, dann Bühne und mit Ullas Hilfe den Roller wieder drauf. Not verleiht Kräfte.
Als kurz vor 02:00 Uhr das Pannenfahrzeug kommt, ist alles soweit parat.

1 Stunde später ist das Ersatzrad montiert.

Der 'Monsieur de Panne' sagt mir, ich soll ihm zwecks Abrechnung auf den nächsten Parkplatz zu folgen; dort macht er mir die Rechnung auf. Die Dame vom ADAC hat tatsächlich nicht übertrieben:

Exakt 864,- Euro (du liest richtig) soll ich löhnen. Ja, nur für den Radwechsel, solltest du da Zweifel hegen. Ich muss erwähnen, dass er einen 50%igen Nachtaufschlag draufgerechnet hat. Rechtfertigt das die Rechnungshöhe??
 

Als ich entschlossen den Kopf schüttele und ihm sage, dass ich das nicht bezahlen werde, greift er zum Handy, um sich mit der ADAC-Dame zu beraten. Die meldet sich aber nicht mehr, liegt wohl in der Heia. Dann versichert er mir schulterzuckend noch einmal, dass dies der korrekte Preis ist, sein Chef hätte das so festgelegt.

Ich bezahle. Was bleibt mir übrig? Erst dann rückt er den Kfz-Schein wieder raus, den er sich zu Beginn seiner Aktivitäten von mir hatte aushändigen lassen. Wusste wohl warum :-).

Was lerne ich daraus?

Hab nie eine Panne auf einer französischen Autobahn! Du bist dem, der da anrückt, ausgeliefert, denn du kannst ihn nicht einfach wegschicken und jemand anderen bestellen - es gibt keinen anderen, den du anheuern könntest.
Aber für ein eventuelles Abschleppen wären einige tausend Euro fällig gewesen. Das hatte die ADAC-Dame Ulla am Telefon auch noch mitgegeben.

Das war ein Tag mit einem eklatanten Mangel an Höhepunkten...

Inzwischen habe ich zu Hause zwei neue Vorderreifen montieren lassen. Und einen neuen Ersatzreifen. Der alte hatte längst sein Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten. Wann braucht man so ein Teil auch? Jetzt weiß ich's.

Hat übrigens nochmal dasselbe gekostet wie die Aktion bei Lyon. Seufz...

Und: Ich habe mich mit dem ADAC in Verbindung gesetzt. Da ich 'PLUS'-Mitglied bin, hat er mir vertragsgemäß die 200,- Euro Versicherung direkt bezahlt. Und als ich dann noch einmal geschrieben habe, weil mir das Ganze nicht einleuchten will, hat er mir a. klar gemacht, dass die Leistungen der Straßenwacht nur in D gelten, und b. zusätzlich 200,- Euro als Kulanz überwiesen.
So haben sich die Radwechselkosten nahezu halbiert, umsonst war der dadurch immer noch nicht. Bin trotzdem jetzt zufrieden.


ein allerliebstes spanisches Findelkind


 

Aber einen echten Lichtblick will ich noch nachtragen:

Als wir noch auf der Ziegenwiese stehen, läuft auf einmal dieser kleine Kerl über den Platz, der offensichtlich niemandem gehört. Jeder schließt ihn sofort ins Herz, zumal er absolut zutraulich ist.

Ulla spendiert ihm ein Halsband, jeder füttert ihn; als bis zum dritten Tag niemand auftaucht, der nach ihm sucht, nimmt ihn ein Ehepaar in Obhut. Dass der Kleine es gut haben wird, daran besteht kein Zweifel.
Wir HABEN alles erledigt ist, und setzen unseren Urlaub neu bereift da fort, wo wir ihn so abrupt unterbrochen hatten. Also dicht bei der Ziegenwiese: In La Marina.

Von dort aus geht es dann stramm Richtung Portugal. Aber erst mal reisen wir an...


 

===> Anschlusszug nach El Rompido